Eurasien – Polens Wälder

Auf öffentlichen Straßen durch Polens Wälder

Nun waren wir also in Osteuropa. Früher einmal, so erzählt man sich, konnte man in Polen in jeden Wald fahren und dort wüten wie immer man wollte. Seit dem Beitritt Polens zur EU wäre dieses Offroad-Paradies verloren gegangen. Ob es nun sinnvoll ist, ganze Wälder umzupflügen, sein Gefährt erst zu versenken und anschließend mühsam wieder auszugraben, sei einmal dahingestellt, aber die Natur Polens hat es defintiv verdient geschützt zu werden. Und genau diese Natur kann man noch immer auch mit dem Auto besuchen. Also auf in Polens Wälder. Aber was man denn nun darf und was nicht war uns schleierhaft.

Zunächst hieß es also Gesetze und Regelungen studieren. Sehr hilfreich ist dabei die offizielle Seite der polnischen Forstbehörden. Aber Achtung: Alle Informationen gibt es nur auf Polnisch, auf Englisch sind es schon deutlich weniger, auf Deutsch dann fast keine mehr. Außerdem unterscheiden sich manche Details von Forstbezirk zu Forstbezirk. Auf der Seite wird auch immer wieder auf czaswla.pl verlinkt, wo man alle Rastplätze und weitere Einrichtungen der verschiedenen Forstbehörden anschauen kann.

Die allgemeine Zusammenfassung lautet: Alle Straßen, die nicht explizit als öffentlich gekennzeichnet sind, sind es auch nicht und das heißt Einfahrt verboten. Für die Kennzeichnung gibt es nun mehrere Varianten: ein Wegweiser zu einem Ort oder einem Picknickplatz, ein Tempolimit oder entsprechender Straßenbelag. Auch wenn das auf den ersten Blick einfach und eindeutig klingt, ist das oft an einer Kreuzung mitten im Wald nicht mehr ganz so einfach zu entscheiden, wenn kein Wegweiser hilft und die öffentliche Straße ebenso wie alle anderen Wege einer mit Schlammlöchern übersähten Schneise durch den Wald gleicht.

Dafür hat zumindest der Beifahrer viel Zeit sich mit der Natur zu beschäftigen. Der Fahrer sollte davon allerdings tunlichst Abstand halten und sich auf die „Straße“ konzentrieren. Außerdem gilt wie immer: Der Tourist fährt mit Allrad und Sperren, der Lokale mit einem 30 Jahre alten Fronttriebler.

Nach den Bädern und Burgen geht es nun in die Natur!

Alfred Nobel Dynamit AG Christianstadt

Unser erster Stopp in den Wäldern Polens war das Gelände der Geheimen Reichssache Christianstadt, einer ehemaligen(?) Munitionsfabrik, die seit dem zweiten Weltkrieg fast vollständig verlassen auf 2000 Hektar im Wald verrottet. Etwa 800 Gebäude soll es hier geben, inklusive Kläranlagen und Heizkraftwerken. Das Gelände ist nichts für einen unvorsichtigen Ausflug, da überall unkartierte Schächte, Löcher und unter dem Waldboden versteckte Gebäudereste auf den unvorsichtigen Entdecker lauern. Erfreulicherweise hat man das Gebiet trotzdem öffentlich zugänglich gelassen und nur eine allgemeine Warnung vor Lebensgefahr an einigen Stellen entlang des ehemaligen Zauns aufgestellt. Ein guter Ausgangspunkt für die Erkundung des Geländes ist die ehemalige Feuerwache.

Drawa Nationalpark

Nach einigen Tagen Fahrt auf teilweise sehr abenteuerliche Straßen durch die Wälder Westpolens haben wir dann den Drawa Nationalpark erreicht. Für Nationalparks in Polen ist in den meisten Fällen eine Eintrittskarte erforderlich, die aber einfach online gekauft werden kann und maximal 10 PLN kostet. Im Gegensatz zu deutschen Nationalparks, wo man teilweise das Gefühl hat, dass selbst das Atmen verboten ist, gibt es hier auch einige offizielle Zeltplätze inmitten des Nationalparks, so dass man weder gezwungen ist nachts das Weite zu suchen, noch illegal zu campen.

Wir waren Mitte Februar im Nationalpark und haben daher leider wenige Tiere gesehen. So früh im Jahr ist logischwerweise auch sonst nicht wahnsinnig viel „aktiv“. Also waren wir nur kurz hier.

So wie wir das sehen, eignet sich die Drawa hervorragend für einen längeren Kanuausflug. Der Fluss fließt in schönen Mäandern durch die wilde Landschaft und wenn das nicht reicht, gibt es zusätzlich noch die ebenso wilden Nebenflüsse wie die zum Beispiel die Rega.

Polens Wälder um Bydgoszcz

Nach einem kurzen Abstecher zum Meer hat es uns im Anschluss an den Drawa Nationalpark in die Wälder um Bydgoszcz verschlagen. Hier haben wir fast zwei Wochen verbracht. Durch die sehr einsamen Wälder führen viele tolle Straßen, sei es asphaltiert oder nicht. Hier kann man im Sommer an den vielen Seen sicherlich noch viel mehr Zeit verbringen. Wir haben nur einen Badegang in einem einzigen See gewagt, das war kalt genug, aber sehr erfrischend und das Knacken des Eises ein Erlebnis.

Wenn man etwas tiefer im Wald steht, kommt bei vielen Stellplätzen den ganzen Tag lang nicht ein einziges Auto vorbei.

Nahe Bydgoszcz ist auch die Tucheler Heide, von der ein Teil ein weiterer Nationalpark ist. Außerdem findet man mitten im Wald Zeugen der letzten Eiszeit: riesige Findlinge, wie den Teufelsstein.

Vom Wald ans Meer

Nach einigen Wochen in Polens Wäldern, zieht es uns nun zurück ans Meer, wo wir einmal zwischendrin kurz waren. Danach geht es nach Gdansk – wir haben schließlich Konzerttickets für Electric Callboy!